Um gleich zur Sache zu kommen: Finnland hat den Grand Prix gewonnen, obwohl sie nicht die Besten waren; nur Platz 15 für „Texas Lightning“ und somit Deutschland ist eine Enttäuschung.
Die Konkurrenz bei diesem 51. Eurovision Song Contest war stark. Traten 2005 noch relativ einheitliche und blasse Akteure auf, gab es diesmal einen bunten und originellen Mix aus Pop, Schlager, Country, Rock und Rap. Gewonnen hat die finnische „Skandalband“ „Lordi“ (siehe Foto) mit dem Titel „Hard Rock Hallelujah“. Wegen der ungewöhnlichen Kostümierung wird die Gruppe von der aktuellen deutschen Presse als „eklige Schock-Rocker“ bezeichnet, und Kommentator Peter Urban sah sich genötigt, Eltern zu ermahnen, ihre Kinder vor dem Auftritt der Band aus dem Zimmer zu bringen. Wäre Urban auf dem neuesten Stand, wüsste er, dass sich Kinder dieser Tage bereits im Grundschulalter in einschlägigen Vergnügungsparks über solche Geisterbahn-Gesellen amüsieren – wirklich gruselig war nur der spätere Auftritt von Nana Mouskouri. Viel verwunderlicher erscheint die Tatsache, dass sich im Jahr 2006 noch eine solche Masse an Europäern von einer derartigen Pseudo-Provokation beeindrucken lässt. Der Sieg überrascht, aber eine Platzierung unter den Top 5 wäre durchaus gerechtfertigt gewesen. Musikalisch waren die Zombies nämlich bei weitem nicht die Schlechtesten des Abends, und irgendwie erinnerte ihr Refrain an Dieter Bohlens „You’re an Angel“ aus den ganz frühen 90ern.
Zu den Highlights des Abends zählte zweifellos die Norwegerin Christine Guldbrandsen, die mit ihrem Song „Alvedansen“ einen schlechten 14. Platz belegte. Sehen und hören lassen konnte sich neben Mazedonien (12) auch Dänemark (18) mit einer erfrischenden Retro-Twist-Nummer. Einen bemerkenswerten Beitrag lieferte für Schweden (5) die Sängerin Carola, über deren christlichen Gauben sich später am Abend leider ARD-Experte Georg Uecker empören musste. Großbritannien landete mit einer akzeptablen Rap-Nummer auf Rang 19, Ralph Siegel für die Schweiz auf der 17. Die Nummer von Litauen (6) war eine Unverschämtheit, die zahlreiche Buhrufe erntete.
Woran hat die schwache Platzierung Deutschlands gelegen? Das Lied von „Texas Lightning“ ist ein lockerer Ohrwurm, attraktiv und sicher präsentiert. Die Nation liebt den Titel. Die Zeichen standen auf Sieg. Wahrscheinlich ging die Nummer unter der Fülle von gelungenen Vielseitigkeiten schlicht unter. Es gab zu viele, die ebenfalls gut und originell waren. Eine bessere Platzierung wäre trotzdem verdient gewesen, es bleibt aber festzuhalten, dass Deutschland diese auch mit Thomas Anders oder Vicky Leandros, den beiden anderen Kandidaten im Vorentscheid, nicht erreicht hätte. „Texas Lightning“ war die richtige Wahl.