In der Politik, so heißt es, ist eine Woche wie ein Jahr. Der amerikanische Vorwahlkampf hat damit schon fast das Rentenalter erreicht, und entsprechend viel ist in dieser Zeit geschehen. Am bemerkenswertesten ist die große Veränderung, die Hillary Rodham Clinton erfahren hat. Es ist ein Wandel, den sie nicht selbst vollzogen hat, er ist rein auf die äußeren Umstände zurückzuführen. Hillary Clinton ist heute die Selbe, die sie 2006 oder 1998 war. Aber ihre Rolle in der Politik hat sich um 180 Grad gedreht.
Über Jahrzehnte galt die einstige First Lady gleichermaßen als Magnet wie als Ursache für konservativen Hass. Zur Regierungszeit ihres Mannes waren die Clintons mehr als ein Alptraum für Amerikas Rechte, und in der Bevölkerung konnte man sie nur lieben oder hassen. Über eine mögliche Präsidentschaftskandidatur prophezeite Jerry Falwell zu Beginn des Wahlkampfes:
“I hope she’s the candidate, because nothing will energize my (constituency) like Hillary Clinton. If Lucifer ran, he wouldn’t.”
Hillary Clinton polarisiert mindestens so stark wie Bush, daher ist es überraschend, dass weite Teile der Demokratischen Partei ihre Kandidatur wagen möchten. Es ist unklar, ob sie wählbar ist, die heftigen Emotionen, die sie hervorruft, sind ein Risiko.
All das hat sich nun geändert. Ein Zauberer hat Hillary Clinton von der linken Scharfmacherin in die Stimme der vernünftigen Mitte verwandelt. Er heißt Barack Obama.
Eine Präsidentschaftskandidatur Hillary Clintons für die Demokraten, die einst die Wut der Konservativen wie ein rotes Tuch provoziert hätte, würde heute nur noch Erleichterung darüber bedeuten, dass Barack Obama nicht der nächste Präsident der USA wird.
Alle Anhänger der Republikaner wünschen sich dieser Tage, dass Clinton sich gegen Obama durchsetzt. Ein bisschen deswegen, weil sie für McCain leichter zu schlagen wäre. Aber das ist nicht der Punkt. Denn es besteht immerhin die Möglichkeit, dass die Republikaner die Wahl im November verlieren. Wenn das geschieht, fällt das Schicksal der Nation in demokratische Hände, und man tut gut daran, auch für diesen Fall die weniger schlimme Option zu wählen.
Barack Obama ist als Präsident vollkommen ungeeignet. Er verspricht das blaue vom Himmel, ohne einen wirklichen Plan zu haben. Er lässt sich von zweifelhaften Leuten finanzieren und von noch zweifelhafteren Akteuren politisch beraten. Obama ist genau das, was man Bush immer vorgeworfen hat: ein blauäugiger Abenteurer. Wie soll er den mächtigsten Militärapparat der Welt anführen, wie soll er Amerika vor Anschlägen beschützen?
Wie verführerisch erscheint da plötzlich eine Präsidentin Clinton. Clinton, die eiserne Lady ohne jede Skrupel. Clinton, die sich in Jahrzehnten ein Spinnennetz der Macht im Universum der amerikanischen Politik gesponnen hat. Clinton, die Pragmatikerin, die weiß, was zu machen ist und was nicht, wie weiß, wie man Kompromisse schließt.
Die Rechts-Außen-Kommentatoren Ann Coulter und Bill Cunningham sind plötzlich Pro-Clinton (wohl auch aus der Not eines mangelnden Rechts-Außen-Kandidaten). Bill Cunningham brachte es unlängst auf den Punkt: „Mit einer Hillary Clinton im Weissen Haus könnte ich Nachts ruhig schlafen“. Nicht, weil er ihren Plan zum Gesundheitssystem unterstützt. Nicht, weil er sie mag. Aber deswegen, weil sie trotz aller innenpolitischen Dummheiten kompromisslos über die Freiheit und Sicherheit der Amerikaner wacht.
John McCain wäre für das wichtigste Amt der Welt besser geeignet als Hillary Clinton oder Barack Obama zusammen. Daher sollte man ihm die Daumen drücken.
Aber wenn es nicht klappt, wäre man mit Hillary wenigstens auf der sicheren Seite. Mit Barack Obama nicht.