Thursday, June 25, 2009

Krieg gegen Terror

Dieser Blog ist mit dem Ende der Ära Bush immer unpolitischer geworden. Ich greife auch mehr Themen aus anderen Bereichen auf, es gehört ja auch zum Ziel dieses Blogs, nicht ein Thema abzudecken, sondern alle Themen, die ich aus persönlichem Interesse publizieren möchte.

Heute steht aber wieder die Politik im Mittelpunkt, denn der Tod unserer Soldaten im Auslandseinsatz bewegt mich immer sehr.

Drei deutsche Soldaten wurden am Dienstag bei ihrem Dienst in Afghanistan getötet. Sie gaben ihr Leben für eine gute Sache. Von einem "Kriegseinsatz" will die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aber noch immer nicht sprechen. Im stern und in der Welt sind dazu zwei höchst unterschiedliche Kommentare erschienen. Beide Autoren verlagen von der Bundesregierung eine klare Nennung der Begrifflichkeiten.

Die Welt kommentiert:

Es hat lange gebraucht, bis statt von Verletzten von Verwundeten, statt von Unfalltoten von Gefallenen gesprochen werden durfte. Wie auch immer, es ist wichtig, angesichts einer von Tag zu Tag gefährlicher und unübersichtlicher werdenden Lage, die auch aus den gesetzlosen Grenzprovinzen Pakistans angeheizt wird, Klarheit der Begriffe zu schaffen.

Dienstag starben drei deutsche Soldaten, als ihr gepanzertes Fahrzeug in einen Hinterhalt der Taliban geriet. Die Bilder der Toten und die Erinnerungen der Überlebenden fanden ihren Weg nach Deutschland und zwingen der demokratischen Öffentlichkeit wie der Politik unerbittlich die Frage auf, wenn dies Krieg ist, wozu er dienen soll, wie weit er gehen kann, und wie man am Ende mit Anstand wieder herauskommt. All das ist nicht allein in Berlin zu entscheiden, sondern zusammen mit den Verbündeten.

Zusammen hinein, zusammen heraus: Alles andere würde die Atlantische Allianz, ohne die es deutsche Sicherheit nicht gibt, im Kern des Vertrauens gefährden – und ohne Vertrauen ist eine Allianz auf Termin gestellt, ja ein Fetzen Papier.
(...)
Was ist Krieg, was ist Frieden? Der neue Begriff für eine alte Sache ist der „asymmetrische Krieg“.
(...)
Heute aber gilt das Paradox, dass der irreguläre Krieg die Regel ist.
(...)
[Al Kaida und der islamistische Terror sind] eine neue Bedrohung, die nicht auf Gewinn irdischer Reichtümer oder Raub von Territorium zielt, sondern das Gewebe der Gesellschaft zerstören will. Terror heißt Schrecken: Terror zerstört jenes Gewebe von Vertrauen, das überhaupt erst die moderne Zivilisation möglich macht. Dies ist, da hatte Kanzler Gerhard Schröder anno 2001 Recht, ein Krieg gegen die Zivilisation.

Die deutschen Soldaten am Hindukusch – sie verteidigen in der Tat die freie Lebensform unserer Gesellschaft gegen den weltweiten kleinen Krieg.

Der Kommentar trifft die Situation ziemlich gut. Der stern spricht auch von einem Krieg und fordert dessen Benennung. Dort heisst es:

Aber formal gesehen sind die deutschen Soldaten in Afghanistan keine Soldaten - keine Kombattanden. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nicht den Oberbefehl. Den es gibt keinen Kriegsbeschluss des Deutschen Bundestages.
Die Bundeswehr führt keinen Krieg gegen die Armee des Staates Afghanistan, sondern sie kooperiert mit ihr und bildet sie aus. Sie buddelt keine Schützengräben, sie hilft Schulen bauen. Gekämpft wird nur, so der offizielle Sprachgebrauch, gegen Terroristen. Weil, wie der frühere Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) einmal getönt hat, der deutsche Kampf gegen den internationalen Terrorismus auch am Hindukusch stattfinden muss.
Sind also die deutschen Soldaten quasi im Frieden und für den Frieden gefallen? Mitnichten! Mit Ausnahme der Linkspartei beteiligt sich die gesamte deutsche Politik an einer unerträglichen verbalen Schönfärberei in Sachen Afghanistan. Die Bundeswehr befindet sich in einem Krieg, der sich tagtäglich verschärft. Das ist kein Stabilisierungseinsatz, es wird nicht nur technische Hilfe geleistet. (...)
Die Bundesregierung sollte endlich aufhören, um diesen Kriegseinsatz der Bundeswehr herumzulügen. In Afghanistan findet ein Krieg statt.

Das ist im Kern richtig. Im Rest seines als Artikel getarnten Kommentars bezeichnet der Autor dann den Einsatz als unsinnig und grundgesetzwidrig, zum Schluss lobt er auch noch die Linkspartei, weil sie in der Afghanistan-Frage eine "löbliche Ausnahme" mache (vielleicht meint er damit ja Oskar Lafontaine, der die deutschen Soldaten in einer TV-Runde mit den Terroristen gleichgesetzt hat).
Es mutet etwas seltsam an, dass ein linker Kriegsgegner nun nach dem Begriff "Krieg" schreit - unter Bush haben sich die Linken immer gegen den Begriff "Krieg gegen Terror" gewehrt. Obama hat diesen Begriff gerade abgeschaft, jetzt beginnen die Deutschen langsam, ihn zu benutzen. Merkwürdig.

Ich finde, die Bunderegierung sollte von Krieg sprechen. Seit dem 11. September 2oo1 ist der Westen im Krieg gegen Terror. Es ist ein Verteidigungskrieg, der ihm aufgezwungen wurde. In Afghanistan töten deutsche Soldaten Terroristen und werden von Terroristen getötet. Das ist eindeutig Krieg.

"Krieg gegen Terror" ist aber nicht nur eine Kampfhandlung mit Waffen. "Krieg gegen Terror" ist humanitäre Hilfe, die den Afghanen ein besseres Leben ermöglichen soll. "Krieg gegen Terror" ist alles, was den Terror eindämmt und dem Terror trotzt: praktische Hilfe, Nächstenliebe, medizinische Versorgung, Ausbildung. Es ist "Krieg gegen Terror", wenn wir trotz Terror-Angst mit der U-Bahn fahren. Es ist "Krieg gegen Terror", wenn wir trotz unsicherer Zeiten weiter konsumieren. Es ist "Krieg gegen Terror", wenn wir die Welt durch Freundlichkeit zu unseren Mitmenschen besser machen. Sind wir nett zu Anderen, führe wir damit einen Krieg gegen die menschenverachtende Ideologie der Terroristen.
Zum "Krieg gegen Terror" gehören verschiedene Militäreinsätze, weit weg von hier. Der "Krieg gegen Terror" ist aber auch eine Alltagssituation, eine Mentalität, in der wir alle uns seit 2001 permanent befinden.

Unsere Soldaten sind im Krieg, wir sind im Krieg. Vielleicht hören die Deutschen jetzt auf, das zu verdrängen.